Sárvár ist eine Kleinstadt in West-Transdanubien mit einer sehr reichen Vergangenheit.
Sie liegt an beiden Ufern der Achse des Komitates Vas, nämlich des Flusses Raab, im
Mündungsgebiet des Baches Gyöngyös.
Dieses Gebiet, das sehr reich an Bodenschätzen
ist, ist seit der Neusteinzeit bewohnt. Vor den Römern lebten die Boien, ein keltischer
Stamm, am Raabübergang. Ihre Festung befand sich bei Ostffyasszonyfa-Földvárpuszta.
Römische Legionen besetzten das Gebiet der Bernsteinstrasse, und damit auch Sárvár,
im 1. Jhd. n. Ch. An beiden Flussufern wurden Militärlager errichtet (z.B: Óvár).
Östlich des Flusses entstand eine zivile Siedlung mit dem Namen Bassiana. Sárvár war
auch nach der Römerzeit bewohnt. Ein Friedhof aus der Karolingerzeit (IX. Jhd.) wurde
bei Végmalom freigelegt.
Die Ungarn errichteten hier nach er Landnahme eine Erdburg
gegen fränkische Angriffe. Bis 1280 war sie königlicher Besitz. Zur Zeit der feudalen
Anarchie kam sie in Besitz der Familie Koszegi. János Koszegi war es, der hier ein
gut einrichtet hat. Sándor Köcski eroberte die Burg für den König 1327 zurück. Róbert
Károly, König von Ungarn, sprach den Bewohnern von Sársziget, das sich heute auf dem
Gebiet der Innenstadt befindet, 1328 besondere Privilegien zu. Sie bleibt weiterhin
königlicher Besitz, bis Siegmund von Luxemburg sie 1390 samt Gut János Kanizsai schenkte.
Sein Geschlecht besaß Sárvár bis 1535.
1532 heiratet Tamás Nádasdy Orsolya
Kanizsai, so bekommt Sárvár einen neuen Besitzer. Unter seiner Führung schlagen die
Einwohner die türkischen Angreifer in die Flucht. Bei diesen Kämpfen starben 100 tapfere
Bürger den Heldentod. Nádasdy, der Humanist, errichtet hier ein kulturelles Zentrum
des zerstörten Landes. 1534 gründet er eine Schule, drei Jahre später eine Druckerei,
in der der Professor der Schule, János Sylvester, 1541 das Neue Testament in ungarischer
Übersetzung, und somit das erste Buch überhaupt in Ungarn druckt. Am Hofe der Nádasdys
waren Wissenschaftler, Mediziner, Humanisten, Künstler, wie Sebestyén Tinódi Lantos,
der 1556 hier starb und beigesetzt wurde, sowie Architekten der Zeit immer gern gesehen
Gäste. Der Hofrichter, Ferenc Nádasdy, wurde 1671 geköpft und so kam die Stadt in
den Besitz der Familie Draskovich. Sie und ihre Nachfolger im XVIII. Jhd. bedeuteten
den Anfang der Rückentwicklung für die Stadt. Erholt hat sich Sárvár erst ab 1803
unter der Herrschaft der Familie Estei-Modena. Der Höhepunkt der Entwicklung war die
Zeit des Dualismus: 1871 wurden die ersten Eisenbahnschienen gelegt, 1897 wird Sárvár
vom Kraftwerk in Ikervár mit Strom versorgt. Diese beiden Faktoren ermöglichten die
Ansiedlung der schweren Industrie. Die Zuckerfabrik nimmt 1895, die Kunstseidenfabrik
1904 den Betrieb auf. 1910 arbeiten in allen Fabriken de Stadt 1232 Menschen. Kleinindustrie
und Kleinhandel blühten auf. Die Zahl der Bevölkerung stieg an. Der neue Besitzer,
Ludwig, Prinz von Bayern, baute eine beispiellos gut funktionierende Wirtschaft aus.
Seiner Zeit wurden Bildungsanstalten gegründet, die als Fundamente des heutigen Schulsystems
gelten. 1909 wurde das heutige Krankenhaus eingeweiht.
Nach dem Ersten Weltkrieg kam die Entwicklung der Stadt zum Halt, und sobald die
Kunstseidefabrik 1927 ihre Toren schloss, wanderte ein Teil der Bevölkerung aufgrund
mangelnder Arbeit nach Frankreich und Belgien aus.
Nach dem Zweiten Weltkrieg
wurde ein neuer Betrieb, nämlich die Geflügelverarbeitung, aufgenommen. Ab 1958 siedelten
weitere neue Betriebe an. 1961 fand man bei Bohrungen nach Erdöl etwa viel Wertvolleres
als Gold: Heilwasser. So bekommt der Heiltourismus, auf der Basis dieser natürlichen
Ressource, in der zukünftigen Entwicklung der Stadt eine gewichtige Rolle.
Am
20. August 1968 bekam Sárvár ihren Stadtrang zurück, den sie 1871 eingebüsst hatte.
1970 machen weitere Schulen und Betriebe ihre Tore auf. Nach Renovierung der Burg
Nádasdy wird sie 1978 zum Kulturzentrum der Stadt. 1995 wird ein Industriepark angesiedelt.
Ab dem 01. 01. 1996, 101 Jahre nach dem ersten Telefonanschluss, steht den Bewohnern
und Touristen ein modernes, digitales Telefonnetzwerk zur Verfügung. Das neue Heil
und Wellnessbad öffnete seine Pforten am 01. 12. 2002 und wartet seinen Besuchern
mit modernen Dienstleistungen, Heilpraktiken und Entspannungsmöglichkeiten auf.
Sehenswürdigkeiten
der Stadt
Die Burg (Burg Nádasdy)
Der heutige Komplex entstand aus dem dreistöckigen
Wohnturm aus dem XIII. Jhd und dem einstöckigen Flügel, der heute den nördlichen Teil
der Burg bildet. Erstmals wird sie 1288 erwähnt. Die nächsten, großen Bauarbeiten
erlebt sie in der zweiten Hälfte des XV. Jhd, im Zeichen der Gotik. Zur zeit der Familie
Kanizsai wurde, dort wo der heutige Südflügel steht, ein dreistöckiges Wohngebäude
mit repräsentativen, reich geschmückten Rittersälen erbaut.
Ende des VX. Jhds entstand die untere Etage des heutigen Torturmes. Anfang des
XVI. Jhds. Wurde ein großes, geschlossenes, mit Pfeilern umschanztes Gehöft errichtet.
Die nächsten Besitzer der Burg waren die Nádasdys (1534-1671). Als Resultat der Bauarbeiten
im Renaissance-Stil entstand die Form der Burg, die wir heute kennen. Die Fresken
an der Decke des Rittersaales sind das Werk von Hans Rudolf Miller aus 1653. Die Bilder
an seinen Wänden, die Szenen aus dem Alten Testament darstellen, stammen von István
Dorfmeister aus 1769. Das Verteidigungssystem mit alt-italienischen Basteien stammt
aus der Zeit 1588-1615. Der Erzherzog Ferenc Estei kaufte die Burg 1803, sein Nachfolger
liess sie restaurieren. Die Renaissance-Arkadenreihe im Ostflügel ließ er zumauern,
im Obergeschoss Korridore errichten, so dass man die Burg von innen herumgehen konnte.
Der Burggraben wurde entwässert und eine Brücke gebaut, die noch heute benutzt wird.
Im XIX-XX. Jhd. wurden lediglich geringfügige Bauarbeiten durchgeführt, so erweckt
die Burg den Anschein eines gefestigten Spätrenaissance Schlosses.
Sankt Markus
Kirche - Rábasömjén
Diese Kirche und die Burg sind die einzigen Bauwerke aus er
Zeit der Árpáden (1001-1301). Schriftlich wird sie zuerst 1288 erwähnt, damals noch
als Sankt Petrus Kirche. Ab dem Ende des XVII. Heißt sie Sankt Markus Kirche. Die
Zwillingsfenster des Turmes, ihr Haupttor und das Eingangstor zur Sakristei, ihre
östliche Auslegung, bzw. die Funde bei einer Restaurierung aus 1973 zeugen vom Romanischen
Baustil. Nach den Renovierungsarbeiten 1933 erhielt sie ein neoromanisches Äußere.
In der Kirche sind fünf Fresken, vier handeln über das Leben des Heiligen Markus,
auf dem Fünften ist Jesus Christus zu sehen, des Malers János Prudzik zu bewundern.
Sankt Nikolaus Kirche
Sie war die ehemalige mittelalterliche, katholische
Pfarrkirche der Stadt und stand in Sár, das bis 1912 ein verwaltungstechnisch selbständiger
Teil war. Der jeweilige Pfarrer wohnte bis 1767 hier. Erstmals wird die Kirche 1454
schriftlich erwähnt, aber bereits damals zählte sie zu den ältesten Gebäuden. Ihr
gotischer Kirchturm mit den Statuen, die bis 1758 noch zu sehen waren, die östliche
Ausrichtung und die Fenster auf der Südseite unterstreichen ihr Alter. Ihre heutige
Form bekam sie im Laufe der Bauarbeiten im XIX-XX. Jhd, wo unter anderem die bemalte
Holzdecke 1830 oder 1868 durch eine tschechische, gewölbte Decke ersetzt wurde. Im
XX. verlieh man ihr ein neogotisches Äußere. Ihre Kulturgeschichtliche Bedeutung liegt
in der Tatsache, dass Ende Jänner 1556, der berühmte Leierspieler und Chronikschreiber
der ungarisch-türkischen Kämpfe, in der Kirche beigesetzt wurde.
Sankt Ladislaus
Kirche
Der Hofrichter, Ferenc Nádasdy, der 1643 erneut Katholisch wurde, ließ
1645 die Kapelle zur Heiligen Dreifaltigkeit auf dem Marktplatz der Stadt von Pietro
Orsolini restaurieren. Die Kirche, die ein griechisches Kreuz zum Grundriss hatte,
wurde zu Ehren des Heiligen Ladislaus geweiht. Sie wurde samt ihrem Turm 1732 wieder
aufgebaut, da sie zur Zeit des Rákóczi Freiheitskampfes (1704-1711) zusammen mit der
Stadt zerstört wurde. 1830 wurden das Hauptschiff der Kirche verlängert und somit
glich ihr Grundriss einem lateinischen Kreuz. 1926-27 wurde sie, Aufgrund des Anstiegs
der Bevölkerungszahl und ihres zunehmenden Verfalls erneut umbaut. Da nun die Teile
östlich des Turms abgerissen wurden, verschwand der älteste Teil der Kirche. Der neuen
Kirche wurden zwei Seitenschiffe hinzugefügt, das Altar kam in den westlichen Teil,
die Fassade an der Ostseite wurde im Stil der Klassik gebaut. Im Kirchenraum ist die
erste öffentliche Statue der Stadt, der Trauernde Christus, angefertigt im Auftrag
des Hofmarschalls Mátyás Gayer und seiner Frau, Erzsébet Szundi, 1701, zu sehen.
Kindergarten
in der Széchenyi Strasse - Schule gegründet von Tamás Nádasdy (Széchenyi Str. 7.)
Südwestlich
der Sankt Ladislaus Kirche stand die erste Schule der Stadt, die Tamás Nádasdy, der
spätere Paladin, gründete. János Sylvester, der berühmte ungarische Bibelübersetzer,
und der als „ungarischer Luther” bekannte Mátyás Dévai Bíró waren zwei
der Professoren. Nádasdy schuf ein nachhaltiges Werk, da die Schule 1705 die Zerstörung
der Stadt „überlebte”. 1830 bekam sie ein Stockwerk aufgesetzt. Im Schuljahr
1883/84 unterrichtete Géza Gárdonyi, der berühmte ungarische Schriftsteller, hier.
Seine Dienstwohnung befand sich im ersten Stock. Unterrichtet wurde hier bis 1889,
denn dann wurde eine neue Schule gebaut. Ab 1892 fungiert das Gebäude als Kindergarten
und findet noch heutzutage als solcher Anwendung. Die Madonna-Statue auf der Fassade
schmückt seit 1901 das Gebäude.
Kalvarienkirche
Bereits 1758 stand eine Kirche
auf dem Gottesberg, die die Einwohner der Stadt 1800 neu aufbauten. In der Form ist
die Kirche mit zwei Türmen noch heute zu sehen.
Gasthof Korona (Várkerület 29.)
Die
1818 errichtete Gaststätte erhielt ihren Namen vom Wappen, der auf dem Gebäude zu
sehen war. Der einstöckige, klassizistische Gasthof hatte aufgrund ihres Strohdachs
den Spitznamen „Strohkneipe”. Sein Nordflügel stammt aus 1898. Die meisten
Leute verkehrten in der ersten Hälfte des XX. Jhds im Gasthof. Der Betreiber hieß
damals Dezso Nagy. Von den 1950ern bis 1978 war hier eine Bücherei, eine Musikschule
und das Kulturzentrum untergebracht. Heute wird sie umgebaut.
Evangelische Kirche
(Sylvester u. 3.)
Nach dem Erlassen des Toleranzediktes wurden zwischen 1782 und
1787 218 evangelische Kirchen erbaut. In Sárvár haben 133 Menschen evangelischen Glaubens
ein Grundstück für die Kirche und Schule gekauft. Die erste Kirche wurde am 3. 5.
1829 vom Feuer zerstört. Die neue Kirche im klassizistischen Stil mit ihren wessen
Wänden und harmonischen Maßen ist das Werk des sárvárer Architekten Sámuel Geschrey
aus 1834-36. Ein typisch west-transdanubisches Merkmal der Kirche ist die sogenannte
Sakristeiwand, die die Apsis vom Kirchenraum trennt.
Rathaus (Várkerület 2.)
Das
alte Gebäude stand dort, wo heute Büroräume der Bank OTP stehen (Batthyány Strasse
2.). Das neue Gebäude a Kossuth Platz wurde 1878-82 im Zeichen der Eklektik errichtet
und zählt zu den Meisterwerken vom hiesigen Architekten Lajos Geschrey. Der Balkon
zum Hauptplatz stammt aus dem XX. Jhd.
Hatvany-Deutsch, oder Schloss bei der Zuckerfabrik
(neben der ehemaligen Zuckerfabrik)
Das Schloss wurde 1898-99 vom Gründer der
Fabrik, Béla HatvanyDeutsch, nach Plänen und unter Aufsicht der Budapester Kunstarchitekten
Erno Schannen erbaut, und diente als Sommerresidenz.
Quelle: www.sarvar.hu